Laudatio von Ulrike Winkelmann, Chefredakteurin taz

1. Preis „Der lange Atem 2020/21“: Greenhouse, ein radioeins-Podcast von Sophia Wetzke in fünf Teilen.

Redaktion und Regie: Philipp Meinhold. radioeins, rbb, 2020.

Es ist mir eine Ehre, die Lobrede auf die Gewinnerin unseres ersten Preises zu halten.

Ein Türke, schon älter, stirbt; eine US-Amerikanerin auch, Anfang 30. Dann: Ein Deutscher und ein Spanier. Eine Reihe Todesfälle aus den Jahren 2017 und 2018 machen eine Reporterin sehr aufmerksam.

Passiert sind sie alle in einem achtstöckigen Gebäude südlich vom Tempelhofer Feld, im urbanen Niemandsland direkt an der Autobahnzufahrt. Es ist ein früheres Arbeitsamt in grauenvollem Hellgrün. „Greenhouse“ wird es genannt - Greenhouse heißt auf Englisch Gewächshaus, und wachsen soll hier Kunst, 200 Ateliers werden hier vermietet.

Und wie es der Reporterin vom Rundfunk Berlin Brandenburg gelingt, die Geschichte dieses Atelierhauses und seiner Bewohner aufzufächern, hat mich begeistert.

Mehrfach haben wir in der Jury hierfür die höchste Punktzahl vergeben. Der erste Preis des „Langen Atems“ geht damit an Sophia Wetzke, Reporterin und Redakteurin beim RBB, für den Podcast „Greenhouse“, der Anfang 2020 auf Radio 1 lief. Meine, unsere, allerherzlichsten Glückwünsche!

Als ich das erste Mal nur hinschaute, dachte ich noch: Nicht schon wieder so eine Geschichte über das ultra-hippe Berlin und seine Merkwürdigkeiten. Aber dann habe ich den Podcast gehört – und war ganz und gar eingenommen. Das lag an Inhalt und Form.

Das Greenhouse ist erst einmal ein privat betriebenes Kunstquartier, in dem buntes Volk zusammenkommt. Aber die Leute, die sich dort sammeln, halten sich teilweise bloß für Künstlerinnen und Künstler, sie begreifen ihr Leben vielleicht als Kunstform, oder fühlen die sich einfach nur besser, wo Kunst gemacht wird.

Sie finden im Haus eine Gemeinde, die vor allem nachts lebt, die Drogen nimmt. Oft nehmen auch Leute Drogen, die ohnehin schon seelisch instabil sind, und hier genau setzt der Podcast an: An der traurigen Wahrheit, dass psychische Ausnahmezustände zwar zum Kreativbetrieb gehören mögen, dass sie gleichzeitig aber auch immer eine Bedrohung des kreativen Raums sind.

Jeder, der sich schon einmal in den Freiräumen der Gesellschaft, in autonomen Projekten oder politischen Initiativen umgesehen hat, weiß, dass sie auch Fluchtorte sind für Menschen, die Anpassungsprobleme, oft Lebenskrisen haben. Jede Bürger-Ini hat ihren etwas Verrückten, dem man nicht zu viel Redezeit geben darf. Freiräume sind ein Anziehungspunkt für instabile Menschen, und das kann zu Überforderung aller Beteiligten führen – und schrecklich enden.

Und noch nie habe ich eine so vielstimmige, so kluge, ehrliche und aktuelle Aufbereitung dieses Problems erlebt wie bei „Greenhouse“.

Es ist mir eine Ehre, die Lobrede auf die Gewinnerin unseres ersten Preises zu halten.

Ein Türke, schon älter, stirbt; eine US-Amerikanerin auch, Anfang 30. Dann: Ein Deutscher und ein Spanier. Eine Reihe Todesfälle aus den Jahren 2017 und 2018 machen eine Reporterin sehr aufmerksam.

Passiert sind sie alle in einem achtstöckigen Gebäude südlich vom Tempelhofer Feld, im urbanen Niemandsland direkt an der Autobahnzufahrt. Es ist ein früheres Arbeitsamt in grauenvollem Hellgrün. „Greenhouse“ wird es genannt - Greenhouse heißt auf Englisch Gewächshaus, und wachsen soll hier Kunst, 200 Ateliers werden hier vermietet.

Und wie es der Reporterin vom Rundfunk Berlin Brandenburg gelingt, die Geschichte dieses Atelierhauses und seiner Bewohner aufzufächern, hat mich begeistert.

Mehrfach haben wir in der Jury hierfür die höchste Punktzahl vergeben. Der erste Preis des „Langen Atems“ geht damit an Sophia Wetzke, Reporterin und Redakteurin beim RBB, für den Podcast „Greenhouse“, der Anfang 2020 auf Radio 1 lief. Meine, unsere, allerherzlichsten Glückwünsche!

Als ich das erste Mal nur hinschaute, dachte ich noch: Nicht schon wieder so eine Geschichte über das ultra-hippe Berlin und seine Merkwürdigkeiten. Aber dann habe ich den Podcast gehört – und war ganz und gar eingenommen. Das lag an Inhalt und Form.

Das Greenhouse ist erst einmal ein privat betriebenes Kunstquartier, in dem buntes Volk zusammenkommt. Aber die Leute, die sich dort sammeln, halten sich teilweise bloß für Künstlerinnen und Künstler, sie begreifen ihr Leben vielleicht als Kunstform, oder fühlen die sich einfach nur besser, wo Kunst gemacht wird.

Sie finden im Haus eine Gemeinde, die vor allem nachts lebt, die Drogen nimmt. Oft nehmen auch Leute Drogen, die ohnehin schon seelisch instabil sind, und hier genau setzt der Podcast an: An der traurigen Wahrheit, dass psychische Ausnahmezustände zwar zum Kreativbetrieb gehören mögen, dass sie gleichzeitig aber auch immer eine Bedrohung des kreativen Raums sind.

Jeder, der sich schon einmal in den Freiräumen der Gesellschaft, in autonomen Projekten oder politischen Initiativen umgesehen hat, weiß, dass sie auch Fluchtorte sind für Menschen, die Anpassungsprobleme, oft Lebenskrisen haben. Jede Bürger-Ini hat ihren etwas Verrückten, dem man nicht zu viel Redezeit geben darf. Freiräume sind ein Anziehungspunkt für instabile Menschen, und das kann zu Überforderung aller Beteiligten führen – und schrecklich enden.

Und noch nie habe ich eine so vielstimmige, so kluge, ehrliche und aktuelle Aufbereitung dieses Problems erlebt wie bei „Greenhouse“.

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