#GTalkBerlin: Meinung wird gefährlich, wenn sie als Nachricht getarnt wird

15. Juni 2016

von Katrin Schwahlen und Astrid Fischer

So unterschiedlich ihre Einstellungen auch oft sein mögen, bei der Frage nach "Wieviel Meinung verträgt guter Journalismus" waren sich die Journalistinnen und Journalisten auf dem Podium weitgehend einig: Guter Journalismus braucht eine Haltung, keine Meinung. Ingrid Brodnig, Teresa Bücker, Hans-Ulrich Jörges und Udo Grätz diskutierten auf Einladung von Google, Nitro und DJV Berlin über Qualität und Meinungsvielfalt in Redaktionen, Medienhäusern, sozialen Netzwerken und Blogs.

Ingrid Brodnig, Redakteurin des österreichischen Nachrichtenmagazins profil, hat im April ein Buch über "Hass im Netz"veröffentlicht. Sie bemängelte, dass Medienhäuser immer häufiger ihre Foren schließen statt die Debatten dort zu moderieren. Damit überlasse man Facebook und Co. die Meinungshoheit über wichtige Themen. Teresa Bücker, Redaktionsleiterin des Digitalmagazins Edition F, berichtete von ihren Erfahrungen, dass Medien, die eine Haltung nach außen tragen, weniger Hasskommentare bekommen. Gleichzeitig kritisierte sie, dass viele Medienhäuser in den vergangenen Jahren das Communitymanagement vernachlässigt hätten.

Hunger nach Schlagzeilen

Die emotionale Inszenierung vieler Themen findet vor allem in Onlinemedien und sozialen Netzen statt. Dagegen sei eine klare Haltung der Medien wichtig. Aufgabe der Medien sei es, Abstand zu

wahren und Fakten zu checken, so Hans-Ulrich Jörges, denn nur so könne man verhindern, Teil der Empörungsmaschinerie und damit unglaubwürdig zu werden. Für den Kolumnisten und stellvertretenden Chefredakteur des Stern haben sich die Medien längst geändert: "Wir sind faul, wir sind schlampig, wir recherchieren nicht gründlich." Das sei Rudeljournalismus, geprägt von Konformismus, Opportunismus und Alarmismus.

Udo Grätz, stellvertretender Chefredakteur beim WDR, wandte ein, dass aber immer noch mehr als 70 Prozent der Deutschen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk positiv gegenüberstehen. Und natürlich müsse man die Themen aus den sozialen Medien aufnehmen. "Die AfD ist ein Thema, dann können wir nicht den Klimawandel diskutieren."

Haltung statt Meinung

Einig war sich die Runde, dass es ein absolutes No-go ist, Meinungen als Fakten zu präsentieren. Niemals dürfe eine Meinung als Nachricht ausgegeben werden. Es gebe einen deutlichen Unterschied zwischen Meinung und Haltung. Haltung basiere auf Grundwerten, sei transparent und biete der Leserschaft eine Orientierung. Problematisch werde es, wenn Meinungen unterschwellig und unsichtbar vermittelt würden. Brodnig forderte die Konzentration auf wichtige Themen: "Wenn man als Journalist aus jeder Mücke einen Elefanten macht, gefährdet man die demokratische Debatte".

Links zu den Medien
Profil www.profil.at
Edition F editionf.com
Stern www.stern.de
WDR www1.wdr.de/index.html

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