Grundgesetz ja, Landespressegesetze nein

22. Februar 2013 I Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Ein Bild-Reporter ist mit einer Klage gegen den Bundesnachrichtendienst gescheitert. Das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass sich Journalisten bei Anfragen an Bundesbehörden einzig auf das Grundgesetz berufen können. Das Urteil ist für die Presse eine Niederlage und ein Erfolg zugleich.

Der Bild-Zeitungs-Reporter Hans-Wilhelm Saure wollte Informationen vom Bundesnachrichtendienst (BND) haben. Nicht wenige. Saure wollte von der Behörde wissen, wie viele hauptamtliche sowie inoffizielle Mitarbeiter der Bundesnachrichtendienst beziehungsweise sein Vorläufer, die Organisation Gehlen, in bestimmten Jahren zwischen 1950 und 1980 hatte und wie viele davon Mitglied der NSDAP, der SS, der Gestapo oder der Abteilung „Fremde Heere Ost“ waren. Der BND verweigerte die Antwort. Die Behörde sagte, ihr stünden keine auskunftsfähigen Informationen zur Verfügung. Aktuell arbeite eine Historikerkommission an der Aufarbeitung dieser Themen, die Ergebnisse lägen jedoch noch nicht vor. Der Bild-Reporter klagte daraufhin gegen den BND.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig urteilte nun am Mittwoch sehr grundsätzlich: Die Bundesländer könnten durch ihre Landespressegesetze den Bundesnachrichtendienst als Bundesbehörde nicht zu Auskünften gegenüber der Presse verpflichten. „Für eine solche Regelung fehlt den Ländern die Gesetzgebungskompetenz. Sie liegt vielmehr beim Bund.“ Damit gelte lediglich ein Minimalstandard an Auskunftspflichten durch das Grundgesetz, so der Vorsitzende Richter des sechsten Senats, Werner Neumann. Der Auskunftsanspruch beziehe sich allerdings nur auf Informationen, die bei der auskunftspflichtigen Behörde aktuell vorhanden sind. „Das Auskunftsrecht führt nicht zu einer Informationsbeschaffungspflicht der Behörde.“

Erstmals direkter verfassungsrechtlicher Anspruch

Der Anwalt der klagenden Zeitung, Christoph Partsch, kündigte eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht an. Der Deutsche Journalisten-Verband kündigte ebenfalls an, verfassungsrechtliche Konsequenzen prüfen zu wollen. Der Vorsitzende Michael Konken sagte: „Mit dem Richterspruch können Bundesbehörden Informationen zurückhalten und kritische Recherchen blockieren.“ Das Urteil lade alle Bundesbehörden geradezu ein, bei unbequemen Fragen künftig zu mauern.

Partsch wertete das Urteil allerdings gleichzeitig als einen Erfolg für die Pressefreiheit. Bisher war es unter Juristen umstritten, ob die Presse Auskunftsansprüche gegen Behörden geltend machen kann, wenn dies nicht explizit in einem Gesetz geregelt ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat nun den Medien erstmals einen direkten verfassungsrechtlichen Anspruch gewährt. Der Bundesnachrichtendienst wollte das zunächst nicht einsehen, in der Verhandlung am Mittwoch verkündete er allerdings, der Rückgriff auf die Verfassung sei wohl doch möglich. (js)

Siehe auch: SPD für Bundes-Presseauskunftsgesetz

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