DJV-Tagung 24:Stunden:Zukunft in Potsdam

5. April 2017

Ich habe noch nie so oft den Satz gehört: „Hier ist meine Mailadresse“, schwärmt Philipp Blanke, Vertreter des Kompetenzteams Junge Journalisten im DJV Berlin, am Ende der zweitägigen Tagung 24:Stunden:Zukunft am vergangenen Wochenende.

In Zeiten der Verunsicherungen, gesellschaftlicher Umwälzungen, voranschreitender Digitalisierung der Medienwelt mit ihren unaufhörlich neuen Herausforderungen, scheint das Bedürfnis nach gegenseitigem Austausch, Halt und unterstützender Gemeinschaft größer denn je. Und so ging es bei dieser Tagung der zukünftigen journalistischen Elite vorerst mehr um ein Miteinander, als um Wettbewerb und Konkurrenzkampf.

Zusammenrücken scheint an Wertigkeit zu gewinnen in einer Zeit, in der dem Journalismus der Ruf „Lügenpresse“ nachhängt, Medienvertreter/innen bedroht, beschimpft und bedrängt werden. Vorbei sind die Zeiten der Ehrfurcht vor der etablierten Journalisten-Macht, der „vierten Gewalt“ im Staat. Nicht ohne Grund. Und so scheint es unabdingbar, zu den Grundwerten des Journalismus zurückzukehren: glaubhaft, gründlich, verantwortungsbewusst und last but not least fachkundig Bericht zu erstatten. Sich in der Pressearbeit unvoreingenommen dem Geschehen zu stellen, bedeutet laut Daniel Drepper, dem anwesenden Chefredakteur von Buzzfeed Deutschland, Haltung zu zeigen. Eine Haltung, die mehr als eine Meinung, Ausdruck des angepassten Zeitgeistes ist, betont Drepper: „liegt tiefer“. Haltung erfordert ein umfangreiches Wissen und Verständnis für die vielfältigen, schnelllebigen Prozesse. Kathrin Konyen, freie Journalistin und Moderatorin, ergänzt: „Der Pressekodex ist ein nützlicher Wegweiser, entbindet Journalisten aber nicht von der Pflicht zur Eigenverantwortung.“ Denn diese sind, wie ihre Rezipienten, nicht unfrei von Ängsten und Vorurteilen, ungeschützt gegenüber Überforderungen. So gilt auch hier: „Back to the roots“. Journalismus mit Haltung funktioniert, so zeigt es sich – auch in Zeiten von Shortmessages und Informationsfluten – nur mit den „alten“ Werten der Profession.

Neben den moralischen Aspekten verwies Dominik Grau, Chief Innovation Officer der Ebner Media Group in seinem Impulsvortrag Wie werden wir zukünftig arbeiten? Strategien für den Journalismus 2020 auf die Notwendigkeit, mit fundierten Inhalten digitale Deutungshoheiten zu erreichen. Leser/innen können erreicht werden, wenn journalistische Inhalte dort angeboten werden, wo die Leser/innen sich befinden. Das „Abholen“ an den Aufenthaltsorten erfordert Expertise über die Trends, detaillierte Analysen der Zielgruppen und deren Nutzerverhalten.

Die Herausforderungen des digitalen Wandel schaffen neben bahnbrechenden Innovationen neue Formen der Zusammenarbeit, neue Berufsfelder sowie erweiterte Anforderungen. Diese schüren Ängste bei Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die es laut Grau aufzufangen gilt, umzuformen, um vorhandene Ressourcen optimal zu nutzen und zu entwickeln. Selbiges betrifft auch die Führungskräfte von heute und morgen. Um authentisch zu agieren, voranzutreiben und konkurrenzfähige Teams zu leiten, muss jede Führungskraft - altersunabhängig - digital denken, um zu lenken.

Die thematische Kurve zu den neuen Bedürfnissen der Journalisten und Journalistinnen, hervorgerufen durch die zunehmende Durchdringung von Arbeitswelt und Privatem, war vorgezeichnet. Trotz allen Verunsicherungen rief Grau dazu auf, einen wesentlichen Punkt nie zu vergessen: die 4F, die jeder Job bieten muss. 4F stehen für Flexibilität, Fortschrittlichkeit, Freiheit und Fun. Und wer, wenn nicht ein fortschrittlich, freiheitlich denkender, flexibel agierender Journalist mit Spaß und Zuversicht, könne eine humanistische Haltung annehmen und Verantwortung übernehmen.

Die DJV-Tagung 24:Stunden Zukunft wurde vom DJV-Fachausschuss Junge Journalistinnen und Journalisten organisiert. Neben der solidarischen Verbundenheit in wilden Zeiten und dem Austausch von Mailadressen stellte der Fachausschussvorsitzende Maurizio Gemmer am Ende der zweitägigen Tagung mit 120 jungen Teilnehmern und Teilnehmerinnen erleichtert fest: „Unsere 24 Stunden haben gezeigt, dass sich junge Journalistinnen und Journalisten von Hass und Hetze nicht abbringen lassen und Haltung zeigen wollen. Das macht Mut für die Zukunft.“ Eine Haltung die dringend gebraucht wird. Ab sofort! (CK)

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