Die Zukunft der Tageszeitungen: Detaillierte Fachinformation und lokale Berichterstattung

18. Januar 2018

Von Astrid Sonja Fischer

Es kommt auf die Details an: Aus Sicht von „Tagesspiegel“-Herausgeber Sebastian Turner sind Leser keine amorphe Masse. Die Zeitung hat sich inzwischen dahin entwickelt, gezielte Informationen für Leser mit ihren spezifischen beruflichen Interessen anzubieten, erarbeitet von Journalisten die fachlich auf ein Gebiet besonders spezialisiert sind.

Auf Einladung des DJV Berlin diskutierten am 16.1.2018 Sebastian Turner, Herausgeber des „Tagesspiegel“ und Hans-Joachim Fuhrmann, bis Anfang des Jahres Pressesprecher des Bundesverbandes der Zeitungsverleger (BDZV), moderiert von Oliver Heilwagen, Herausgeber des Online-Kulturportals „kunstundfilm.de“, über die Zukunft der Tageszeitungen. Die Veranstaltung hatte das DJV-Kompetenzteam „Medienpolitik“ mit Oliver Heilwagen und Ulrich Goll vorbereitet.

Ulrich Goll zeigte in seinem einleitenden Impulsreferat die Fakten: Die wirtschaftliche Lage der Zeitungsverlage ist alles andere als ermutigend. Die Anzeigenerlöse sind seit 2000 stark eingebrochen und sinken weiterhin. Die Verlage konnten die Verluste mehr als ein Jahrzehnt über stark erhöhte Zeitungspreise und stabil gehaltene Auflagen abfedern. Zuletzt fielen die Auflagen allerdings dynamisch. Der Erfolgsdruck nimmt zu.

Dennoch verbreitete das Podium keinen Pessimismus: Zeitungen wird es weiterhin geben, davon war die Teilnehmer überzeugt. Die Generation 50 Plus werde noch lange Zeit nicht auf ihr vertrautes und liebgewonnenes Medium verzichten. Dennoch entwickelt sich die Branche weiter und das Grundverständnis der Verlage verändert sich. Turner sieht den Verlag als Hersteller von Kommunikationsplattformen. Vieles sei in diesem Bereich noch gar nicht erfunden. Printmedien seien nur noch ein Teil der Produktpalette, wenn auch ein wichtiger.

Die Gratiskultur des Internets konnten bisher nur wenige Verlage aufheben, um dort substantielle Einnahmen zu erzielen. Dennoch sei es wichtig, auch in diesem Medium präsent zu sein und es nicht allein Newcomern zu überlassen. Ob dies zur Kannibalisierung der herkömmlichen Zeitungen führe, wollte Moderator Oliver Heilwagen wissen. Diese Gefahr sah Turner nicht. Im Gegenteil: Die Vielzahl von Newslettern aus dem eigenen Haus führe nicht dazu, dass weniger Zeitung gelesen würden. Im Gegenteil sorgten die täglichen Newsletter für neue Abonnenten. Der Newsletter fungiere als Agenda-Setter und wecke mehr Interesse an der gedruckten Tageszeitung. Auch das E-Paper ermögliche zusätzliche Leser in ganz Deutschland sehr früh am Morgen zu erreichen, bevor bei ihnen die gedruckte Zeitung ausgeliefert werde.

Für den „Tagesspiegel“ biete der Standort Berlin eine in Deutschland einmalige Kombination von Größe und Vielfalt. Die Leserschaft hier wohnender Berufsgruppen, etwa alle Mediziner, sei jeweils vom Umfang mit der einer Kleinstadt vergleichbar, so Turner. In Berlin sei es möglich, auch spezielle Themen einem breiten Publikum anzubieten. Leser würden so auch mit für sie beruflich relevanten Themen angesprochen. Dies setzte allerdings voraus, dass auch die Autoren spezialisiert seien.

Jenseits dieser Berliner Besonderheit sieht Turner aber auch Chancen für kleinere Regionalzeitungen. Gerade im Lokalen gebe es sehr viele Themen, über die nicht berichtet werde. Fuhrmann sieht den laufenden Konzentrationsprozess bei Zeitungen zwar noch nicht beendet, aber ist überzeugt, dass für substanzreiche, gut recherchierte Nachrichten die Leser auch in Zukunft zu zahlen bereit seien.

Weitere Berichterstattung und Interviews unter daybyday.press/article6125.html

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