Authentische Geschichten statt Einheitsbrei

20. April 2016

Von Astrid Sonja Fischer

Journalismus verändert sich. Der Medienkonsum steigt, das Internet bietet mehr Informationen als jemals vorstellbar und der Nutzer gewöhnt sich daran. Vielen genügt die 20 Uhr-Ausgabe der Tagesschau und die Regionalzeitung nicht mehr, sie wollen Hintergründe und Details erfahren. Was das für die Arbeit von Journalisten bedeutet, darüber diskutierten Tilo Jung, Miriam Eckert, Judith Bareiß unter Moderation von Michaela Skott am gestrigen Abend in der Geschäftsstelle des DJV Berlin.

Von der Tageszeitung zum Online-Medium: Das erfordert andere Fähigkeiten von den Redakteuren. Miriam Eckert, die seit 2014 zum Team der impulse-Onlineredaktion gehört, berichtete, dass viele Aspekte des Online-Journalismus nicht Bestandteil ihrer journalistischen Ausbildung waren, aber es viele Möglichkeiten gebe, sich diese selbst anzueignen: Stammtische, Webinare, Seminare, Netzwerke seien hierbei hilfreich. Tilo Jung, der mit dem Web-Format “Jung & Naiv - Politik für Desinteressierte” und seinen ungeschnittenen Einzelinterviews bekannt wurde, betonte die gestiegene Bedeutung von Authentizität: Junge Menschen haben einen „Bullshit-Detektor“ und erkennen schnell, wenn jemand nicht authentisch ist und wollen sich nicht damit zufrieden geben.“ Ältere Generationen bemerkten dies zwar auch, würden es aber eher akzeptieren.

Authentisch zu sein, ist auch ein zentrales Thema für Schauspieler. Judith Bareiß, Journalistin und Schauspielerin, geht es nicht darum, so zu tun als ob, sondern echte Berührungen zu finden und in den Dialog zu treten. Das genaue Zuhören prägt auch die Interviews von Tilo Jung. Es sei zwar wichtig eine Meinung zu haben, aber in den Gesprächen gehe es ja nicht um die Diskussion von Ansichten, sondern um die Darstellung des Gegenübers mit seiner Motivation.

Klicks, Reichweiten, Follower, Verweildauer – die permanente Analyse der Aufmerksamkeit setzt Onlinejournalisten stark unter Druck. Dennoch sollte niemand seinen Artikel nur darauf auslegen, wie gut er in der Suchmaschinenoptimierung abschneidet. „Es gibt Themen, die nach der Analyse des Leserinteresse nicht mehr gebracht werden, aber andere Themen bleiben einfach in der Berichterstattung“, berichtet Eckert. Die großen Chancen des Online-Journalismus sind noch weitgehend ungenutzt. Jung: „Warum bringen die vielen Anbieter überwiegend die gleichen Geschichten?“ Medienkonzerne setzten zuviel auf Einheitsbrei und sparten oft an langwierigen Recherchen, weil sie glaubten, sich diese nicht leisten könnten. Dabei wäre dies tatsächlich ein Weg, der sie retten könnte.

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