Ein Kämpfer, der die Wahrheit liebte

Ein Nachruf für Manfred Omankowsky

05.06.2019

„Ich möchte durch Schreiben und Reden Menschen informieren und beeinflussen.“

Manfred Omankowsky im Gespräch Foto: Gesicht Zeigen! www.gesichtzeigen.de

Das schrieb er im Alter von zwölf Jahren in sein Tagebuch. Und das hat er sein Leben lang getan. Ein Kämpfer, der die Wahrheit liebte. Manfred Omankowsky, Jahrgang 1927, wächst in einem sozialdemokratischen Elternhaus im Berliner Bezirk Reinickendorf auf. Der 15-jährige Schüler Omankowsky schließt sich der „Swing-Jugend“ an. Jungen Leuten, die lange Haare hatten und verbotene amerikanische Musik hörten. Beginnt eine Verlagslehre, wird zum Arbeitsdienst eingezogen und danach zur Marine. Als sich 1945 der „Kessel um Berlin“ schließt, desertiert er, kommt in amerikanische Gefangenschaft, flieht von dort nach Berlin. Der 18-Jährige will unbedingt Journalist werden. Das Pressewesen in Berlin wird von den Alliierten gerade neu aufgebaut. Omankowsky schreibt politische Artikel für den „Telegraf“ und den „Sozialdemokrat“, gründet eigene kleine Zeitschriften, klebt selbstgemachte „Wandzeitungen“ an Hauswände. Mit 21 Jahren leitet er die Pressestelle in Reinickendorf. Schreibt unter Chefredakteur Willy Brandt für das „Stadtblatt“, redigiert die Wochenzeitung „Der Norden“. Im Jahr 1948 entstehen erst der Berliner Presseverband, der später zum DJV Berlin wird. Manfred Omankowsky ist von Anfang an Mitglied. Er blieb es genau 71 Jahre lang. Das Verbandsleben sei früher „menschlicher“ gewesen, fand er und erzählte gern von den vielen Kurzreisen, Scheckheften und Veranstaltungen. Mit 38 Jahren wird Omankowsky – er hat inzwischen Politologie studiert – Bezirksstadtrat für Jugend und Sport in Tiergarten. Später leitet er das „Deutsche Zentrum für Altersfragen“, wird Vorsitzender oder Aufsichtsrat in zahlreichen sozialen Organisationen. Initiiert das „Essen auf Rädern“ für Berlin, gründet die erste „Schuldnerberatung“ in Deutschland, organisiert „Bunte Abende“ in der Kongresshalle. Schreibt nebenbei in zahlreichen Zeitschriften. Dem Redaktionsbeirat für die Zeitschrift „Soziale Arbeit“ gehörte er bis 2016 an. In den letzten 20 Jahren war er „Zeitzeuge“. Besuchte Schulen und Vereine, gab Interviews für TV-Sender, Zeitungen, Film- und Buchautoren. Besondere Freude machten ihm die Veranstaltungen im Verein „Gesicht Zeigen!“ mit Jugendlichen. Da legte er wieder alte Platten mit Swing-Musik auf, so wie in den 40er Jahren unter den Nazis, und berichtete von Tod, Folter, Verzweiflung und Hoffnung. „Die jungen Leute sollen verstehen, wie es so weit kommen konnte. Darum geh‘ ick überall hin und rede darüber.“ Das kann er jetzt nicht mehr. Am 27. Mai 2019 verstarb Manfred Omankowsky. Er wurde 92 Jahre alt.
Wir trauern um ihn. Von Gudrun Küsel
Newsletter

Cookie Einstellungen