"Wir brauchen ein Netzwerk von lokalen Netzzeitungen"

4. Februar 2013 I Prenzlauer Berg Nachrichten-Chef zu Besuch

Die Fachauschüsse Print des Journalistenverbandes Berlin- Brandenburg und DJV Berlin haben zum ersten Mal gemeinsam getagt. Zu Gast war Philipp Schwörbel, Chef der Prenzlauer Berg Nachrichten. Er sprach über die Zukunft des Lokaljournalismus, Leser, die freiwillig zahlen und Unterstützung für ähnliche Projekte.

„Wir machen ganz normalen Lokaljournalismus.“ Das ist die Haltung von Philipp Schwörbel. Der Gründer und Geschäftsführer der Prenzlauer Berg Nachrichten war am Donnerstag Gast auf der Fachausschuss Print-Sitzung der beiden Berliner DJV-Verbände. Nachdem sich die großen Lokalblätter vor einigen Jahren aus der Bezirksberichterstattung zurückgezogen hatten, wurden die Prenzlauer Berg Nachrichten ins Leben gerufen. Ihr Chef sagt:

„Wir bieten eine ‚echte’ Lokalzeitung - nur eben im Netz.“

Im Januar wurde die Seite, die ausschließlich über den Bezirk berichtet, über 50.000 mal besucht. „Die meisten unserer Exklusivberichte werden von den Berliner Medien aufgegriffen“, so Schwörbel. Die Reichweite werde langfristig wie die Auflage einer ganz normalen Lokalzeitung entwickeln. „Nähe, Nähe, Nähe“ ist ihr Credo. Man berichte über das, über das andere nicht berichten.

Der Chef der Prenzlauer Berg Nachrichten würde sich freuen, wenn es noch weitere Angebote wie seines gäbe: „Wir brauchen ein ganzes Netzwerk von lokalen Netzzeitungen, dann werden wir zu einer ernst zu nehmenden Kraft auf dem Medienmarkt.“ Schwörbel bietet deswegen Unterstützug an, wenn andere ähnliche Projekte starten wollen. Er plädiert dafür, dass sich derartige Lokalprojekte vernetzen, um Kosten zu sparen.

„Kann so eine Zeitung auch in anderen Bezirken funktionieren?“, fragte eine Kollegin. „Wir bringen harte Nachrichten, das würde in anderen Bezirken auch funktionieren“, ist sich Schwörbel sicher. Bei der Werbung habe Mund-zu-Mund-Propaganda eine große Rolle gespielt. Außerdem habe man auf Facebook gesetzt.

Leser zahlen freiwillig

Die Zeitung finanziert sich über Werbung und einen „Freundeskreis“, deren Mitglieder freiwillig zwischen 18 und 60 Euro im Jahr bezahlen. Derzeit gibt es 15 Werbepartner. Werbung und Redaktion sind aber strikt getrennt. In der Redaktion arbeiten Profis, die honoriert werden, so Schwörbel. Dies sei auch im vergangenen Jahr geschehen, obwohl das Projekt noch nicht in den schwarzen Zahlen stecke. Bloß Promotionorientierte Werbeformen können noch nicht geleistet werden, dies werde man erst in einigen Jahren können. Er könne sich in einigen Jahren vorstellen, dass Sonderangebote von Geschäften oder die Tageskarten von Restaurants oder Fleischern in den Anzeigen beworben werden.

Es handelte sich an dem Abend auch um einen historischen Termin, denn es war die erste gemeinsame Sitzung der Fachausschüsse Print des DJV Berlin und des JVBB. Vor dem Hintergrund von Stellenabbau und Redaktionsschließungen stellte sich die Frage, ob die Lokalberichterstattung überhaupt eine Zukunft habe. Der Gastredner des Abends machte Mut und zeigte: Ja, Lokaljournalismus ist wichtig und wird gelesen. Aber die Formate ändern sich. Letztlich geht es darum, Wege zu finden, um guten Journalismus finanzierbar zu machen. (fis/mb/mmm)

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