"Man geht nicht mehr ins Internet, es kommt zu einem"

24. Oktober 2012 I Fachausschuss Print

Auf seiner Septembersitzung hat der Fachausschuss Print dazu eingeladen, das neu gegründete Google-Institut an der Humboldt- Universität näher kennen zu lernen. Zu Gast waren Jeanette Hofmann und Christian Katzenbach, die über ihre Forschungstätigkeit refererierten. Etwa 15 Teilnehmer waren erschienen und es entwickelte sich eine lebhafte Diskussion.

Das Institut wird von Google mit 4,5 Mio. Euro auf drei Jahre finanziert. Aufgrund der schlechten Reputation von Google in Deutschland finden dies Viele bedenklich. Jeanette Hofmann betonte aber, dass sie von Anfang an auf eine Trennung von Finanzierung und Forschung durch zwei Gesellschaften geachtet haben. Langfristig sollen weitere Sponsoren gefunden werden. Am Institut forschen zwei Juristen, eine Politikwissenschaftlerin, ein Informatiker/Betriebswirt. Der interdisziplinäre Ansatz gehört dabei zum Konzept. Seit Anfang September gibt es auch Doktoranten, Lehrbetrieb findet an dem Forschungsinstitut nicht statt.

- Zu den Forschungsschwerpunkten zählen: - Media Regulation - Social Media Governance

- Internetregulierung

- Innovation

- Crowd Sourcing

- Open Science

- Globale Konstitutionalisierungsprozesse

Christian Katzenbach berichtete von seinem Forschungsgebiet Internet und Medienregulierung. Hier geht es um die Frage, welche Regeln das Handeln der Nutzer auf Facebook und Xing prägen. Neben dem formalen Recht, existieren Verträge, Nutzungsbedingungen und soziale Normen. Gerade unter Jugendlichen bilden sich Regeln, an denen man gemessen wird. Beispielsweise, ob man Partyfotos ins Internet stellen darf. Grundlegend ist auch, welchen Möglichkeitsraum die Softwarearchitektur überhaut bietet, z. B. den Umgang mit Privatsphäre. Konkret für Wissenschaftler stellt sich die Frage, ob diese davon profitieren, wenn sie ihre Ergebnisse frühzeitig ins Internetstellen und dann vom Austausch mit anderen profitieren können.

Jeanette Hofmann wies in der aktuellen Debatte um Datenschutz und Urheberrecht darauf hin, dass die Diskussion vor allem normativ geprägt sein. Es geht um Soll und Moral, aber die Wirkungen des Urheberrechtes seien wenig bekannt. Ein Forschungsergebnis sei, dass entgegen der allgemeinen Vorstellung das Urheberrecht nicht für ein ausreichendes Einkommen bei den Kreativen sorgt. Gerade hier gelte eher der Ansatz „The Winner takes it all“. Also je mehr Einkommen jemand hat, desto mehr bekommt er. Das gegenwärtige Urheberrecht unterbricht dieses Muster nicht, sondern fördert es noch.

Hofmann hält das Urheberrecht allerdings für notwendig, um Märkte für Kulturgüter überhaupt zu ermöglichen. Interessant seien aber insbesondere Märkte, wo das Urheberrecht nicht greift: Witze oder Stand up Comedy sind rechtlich nicht geschützt, die Kernkompetenz liegt in der Idee, dies wird allgemein anerkannt. Auch Fernsehformate sind nicht geschützt, die Idee und Umsetzung sind ist das Wesentliche. Warum kaufen Sender Lizenzen und kopieren nicht einfach die Show? Verkauft wird eben nicht die Idee, sondern ähnlich eines Kochrezeptes das Know- How dieses umzusetzen, betonte Hofmann.

Interessant ist die Entwicklung bei Computerspielen: Produzenten von Videospielen liefern Toolkits, so dass die Nutzer diese weiterentwickeln können. Anfangs gab es Klagen, dann haben aber die Produzenten festgestellt, dass sie auf diese Weise ihren Marktanteil erhöhen können. Insgesamt lässt sich beobachten, dass im Internet von Vorteil ist, wenn alle so tun, als ob es Urheberecht gäbe. Formatschutz will keiner, eine rechtlich halbwegs unsichere Situation stellt hingegen alle zufrieden. So entwickelt sich ein Graubereich, in dem es etwas Rechtsschutz gibt, aber nicht zuviel.

Das Internet ist längst bestimmend für die Gesellschaft geworden. Internet macht Kommunikation sichtbar. So finden Stammtischgespräche jetzt in der Öffentlichkeit des Internets statt. Man geht nicht mehr ins Internet rein, es kommt zu einem und ist allgenwärtig.

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