"Die besten Fotos entstehen unerwartet"

16. Mai 2014 I Alexander Petrosian beim DJV Berlin

Auf Pressekonferenzen des russischen Präsidenten ist der Fotograf Alexander Petrosian kein gern gesehener Gast mehr. Der Grund ist ein Schwarz-Weiß-Porträt von Wladimir Putin, das den starken Mann Russlands ganz schön alt aussehen lässt. Beim Russland-Abend des DJV Berlin hingegen stießen Petrosian und seine Bilder auf reges Interesse.

Von Alexander Czekalla

Die Fotos des aus Sankt Petersburg stammenden Fotografen Alexander Petrosian interpretieren das Stadtleben oft als ein absurdes Theater. Dabei ist der Blick des Absolventen der Fachschule für Kino und Fotografie und der Universität der Kultur in Sankt Petersburg kritisch bis versöhnlich. Petrosian, der auf Einladung des Onlinemagazins Liveberlin.ru und der Berliner Sergej

Mawritzki Stiftung in der Hauptstadt ist, fängt auf interessante Weise die Widersprüche des Lebens in seinen Werken ein. Nicht ohne Grund kann er seit 2000 von seiner Arbeit leben. Der fünfzigjährige Russe arbeitet heute für verschiedene Zeitschriften.

Seit 2008 ist Petrosian für die russische Wochenzeitschrift "Kommersant" tätig. Darüber hinaus finden sich seine Fotos auch in Werbeproduktionen wieder. Petrosians Bilder wurden bereits in den Magazinen "Newsweek", "National Geographic" und "GEO" veröffentlicht und preisgekrönt. Wie eines seiner gleichzeitig bekanntesten Bilder: Die Aufnahme eine altes Holzhauses, das bedrohlich nah neben dem Neubau einer gigantisch wirkenden Brücke steht. Die Veröffentlichung des Bildes stieß eine öffentliche Debatte an, in deren Folge die beiden alten Hausbewohnerinnen eine neue Wohnung von der Stadt erhielten.

Widersprüche des Lebens darstellen

Die Widersprüche der Stadt und des Lebens in ihr darzustellen, ist Alexander Petrosians Wunsch. Dabei geht es ihm vor allem um den Kontrast zwischen Altem und Neuem. Dafür klettert er auch illegal auf Dächer, um eine optimale Position für seine Aufnahmen zu erhalten. Auf diesen Bildern

gelingt ihm ein optischer Trick: Einzelne Gebäude scheinen nah beieinanderzustehen, obwohl etliche Kilometer zwischen ihnen liegen. Damit erschafft Petrosian einen ganz neuen Blick auf Sankt Petersburg.

Noch viel stärker als in seinen Stadtporträts und Architekturbildern greift der Fotograf Widersprüche des Lebens in seinen dokumentarischen Bildern der Bewohner von Sankt Petersburg auf. Denn "die besten Fotos entstehen unerwartet", so Petrosian. Im Rahmen der anschließenden Diskussion und zum Thema Bildrechte verrät er noch, dass er mit Vergnügen das deutsche Wort "Abmahnung" auf seiner Reise gelernt habe. Denn dieses Wort werde er in seiner Heimat nicht häufig verwendet: "Auf Bildrechte wird in Russland nicht wirklich geachtet. Es ist ein chaotisches Land. Das hat Vor- und Nachteile."

Zur Person

Alexander Petrosian gewann 2006 und 2007 den Sankt Petersburger Preis "Fotograf des Jahres". 2009 erhielt er im Grand Prix der "Stiftung für Fotojournalismus" den ersten Preis sowie im Wettbewerb "Bester Fotograf" im Genre "Architektur" den zweiten Preis in der Kategorie "street photo". 2011 erschien sein Fotoalbum "Piter" mit der Sammlung seiner Bilder von Sankt Petersburg.

Blogs: www.petosphotos.livejournal.com und www.alexanderpetrosyan.com

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