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Medienpolitik im Wahlkampf:

Scheinlösungen und wirkliche Herausforderungen

28.05.2021

Steffen Grimberg (Foto: privat)

Der Bundestagswahlkampf rückt näher – da müssen uns auch die medienpolitischen Vorstellungen der Parteien interessieren. Fangen wir mit der FDP an. Sie hat sich bereits markig mit Plänen zu einer tiefgreifenden Umstrukturierung des dualen Rundfunksystems zu Wort gemeldet. Die sind allerdings wenig konstruktiv und vielmehr gefährlich. Unser Bundesvorsitzender Frank Überall hat sie zu Recht „populistisch“ genannt. Denn die FDP spielt die alte Leier von einer Reduzierung des öffentlich-rechtlichen Auftrags auf dessen angebliches „Kerngeschäft“ Bildung, Information und gehobene Kultur.

Doch ein Blick in die USA, wo das Public Service Broadcasting auf genau diese Bereiche beschränkt ist, zeigt: Ein so beschränktes nicht-kommerzielles Medienangebot führt ein Schattendasein und erreicht statt vernachlässigten Minderheiten vor allem die Eliten. Wie anfällig ein fast ausschließlich kommerzielles Mediensystem für Populismus und Schlimmeres ist, hat die Ära Trump gezeigt.

Wenn die FDP - ähnlich wie vorher schon die Mittelstands-Vereinigung der CDU - argumentiert, Bereiche wie Service und Unterhaltung könne man doch getrost den Privaten überlassen, klingt manches vielleicht auf den ersten Blick plausibel. Natürlich können auch RTL, ProSieben und Sat.1 beispielsweise gute Krimis produzieren (auch wenn sie das im Moment kaum tun). Doch die breite filmische Diskussion gesellschaftspolitischer Vorgänge, die der ARD-"Tatort“ oder die Fernsehfilme des ZDF immer wieder leisten, fällt bei den Privaten sehr bescheiden aus. Es ist gerade die Vielfalt in der Konkurrenz, die das deutsche Fernsehen - bei aller Kritik im Einzelnen - zu einem der besten der Welt macht. Auch beim Stichwort Service und Verbraucher bin ich lieber mit einem Angebot gesegnet, das nicht in einem auf TV-Werbung angewiesenen Umfeld stattfindet.

Wo FDP wie CDU allerdings grundsätzlich richtig liegen, ist ein ganz anderer Punkt: Das öffentlich-rechtliche System braucht endlich eine Strukturreform, die diesen Namen verdient. Die digitale Welt mit neuer Konkurrenz und den Nutzergewohnheiten der Jüngeren ist bei vielen Anstalten immer noch nicht ganz angekommen. Auch die privaten Sender sind hier gefordert, die zum Teil in noch erbitterterer Konkurrenz mit neuen Playern wie Netflix und den anderen Streamingangeboten stehen.

Hier muss die Politik für kluge und faire Rahmenbedingungen sorgen, damit die Übermacht der Digitalgiganten wie Google & Co. nicht am Ende beide, öffentlich-rechtlichen wie privaten Rundfunk, zerstört.

Und vielleicht noch ein kleiner Hinweis mit Blick auf die Parteiprogramme für die Bundestagswahlen: Medienpolitik ist in Deutschland aus gutem Grund Ländersache. Und bei den zuständigen Landespolitiker*innen von FDP und CDU hört man interessanterweise längst nicht so schrille Töne wie auf Bundesebene dieser Parteien.

Steffen Grimberg

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