Aktuelles

Reform der Öffentlich-Rechtlichen:

Gute und schlechte Ansätze

21.01.2022

Die Medienpolitik wird nach Sicht des baden-württembergischen Medienstaatssekretärs Rudi Hoogvliet (B90/Grüne) ein „immer wichtigeres Feld der Politik“, berichtet dieser Tage die FAZ. In der Theorie stimmt das sogar, aber mit Blick auf die medienpolitische Alltagspraxis wüsste man schon gerne, woher Hoogvliet seinen Optimismus nimmt.

Gut, rund 2.600 Hinweise, Kommentare und Stellungnahmen gab es bei der Online-Konsultation der Rundfunkkommission der Länder zur Reform von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Diese medienpolitische Wanderbaustelle wird aber auch nicht zu einem zügigen Ende kommen. Vielmehr bittet die Rundfunkkommission schon jetzt um Geduld, weil die Auswertung und die Entscheidungen über das weitere Vorgehen Zeit brauchen. Aber man reformiert ja auch erst seit gut fünf Jahren, da kommt es auf ein Jährchen mehr oder weniger auch nicht mehr an. Besorgniserregend ist dagegen, dass die Bürgerinnen und Bürger, die hier teilgenommen haben, „teilweise sehr unterschiedliche Vorstellungen haben, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk insgesamt leisten muss, wie er dafür aufgestellt werden sollte und vor allem, wie die Anstalten ihren Auftrag bei der konkreten Gestaltung ihrer Angebote umsetzen sollen“. So hat es die rheinland-pfälzische Staatssekretärin Heike Raab (SPD) formuliert, die in der Rundfunkkommission für das Vorsitzland Rheinland-Pfalz die Medienpolitik der Länder koordiniert.

Denn die große gesellschaftliche Debatte darüber, wie unser öffentlich-rechtlichen Mediensystem im digitalen Zeitalter aussehen soll, findet bis auf weiteres nicht statt. Immerhin haben die im schon erwähnten FAZ-Artikel zitierten Medienpolitikerinnen und -politiker den Kampf gegen Hass und Hetze im Netz endlich zur Chefsache gemacht und ein konsequenteres Vorgehen angekündigt. Auch das war längst überfällig.

Und noch gar nicht wirklich in Fahrt ist die Debatte über künftige Finanzierungsformen von Journalismus vor allem im Regionalen und Lokalen und über Möglichkeiten, diesen zu unterstützen und so Vielfalt zu sichern. Berlin hat hier immer noch ein gutes Angebot. Aber schon in Brandenburg sieht es ganz anders aus. Im Lokalen entscheidet sich die Zukunft des Journalismus. Aus mehr und mehr Regionen bis hin zu ganzen Bundesländern erreichen uns Rückmeldungen von Menschen, die sagen, ihr lokales Informationsangebot habe sich in den letzten Jahren klar verschlechtert. Wir wollen als DJV hier die Diskussion und die Suche nach Lösungen in Berlin und Brandenburg aktiv mitgestalten und werden in Kürze zu einem runden Tisch für Medienschaffende und politisch Verantwortliche einladen.

Dabei sind wir alle auf ein konstruktives Miteinander angewiesen. Pseudo-medienpolitische Profilierungsversuche wie die kruden Gedankenspiele der CDU Sachsen-Anhalt mit Blick auf das Erste der  ARD sind hier nicht nur kontraproduktiv. Sie zeigen zum einen, dass es weiterhin bei den direkt Zuständigen in der Politik an Sachverstand mangelt. Aber vor allem erweist sich hier, wie weit selbst das bürgerlichen Lager bereit ist, auf die zuzugehen, denen an freien, unabhängigen, kritischen Medien nicht gelegen ist. Der Applaus der AfD spricht für sich. Dass solches „Appeasement“ nichts bringt, erlebt gerade die britische BBC. Sie hat versucht, der Politik alles recht zu machen, und bekommt von Premierminister Boris Johnson jetzt trotzdem die Quittung, indem der die Grundlagen ihrer Finanzierung in Frage stellt.

Steffen Grimberg

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