Aktuelles

Berliner Gefangenenzeitung;

Ein „Lichtblick“ im Knast

28.01.2022

Für viele Menschen ist die Zeitung jeden Morgen wieder ein kleiner Lichtblick. Für den „Lichtblick“ gilt das ganz besonders: die gleichnamige Zeitung aus Tegel. Stolz steht „Unzensierte Gefangenenzeitung seit 1968 - Herausgegeben und presserechtlich verantwortet von Insassen der JVA Berlin-Tegel“ im Titelkopf. Der „Lichtblick“ ist tatsächlich einzigartig in Deutschland. Anders als in anderen Haftanstalten wird der „Lichtblick“ nicht von der Anstaltsleitung mitherausgegeben oder kontrolliert.

Mit nach eigenen Angaben  gedruckten 7.500 Exemplaren ist er längst nicht nur für die Berliner JVAen, sondern bundesweit eine viel beachtete Stimme. Die letzte Ausgabe 2021 berichtete zum Beispiel über den Strafvollzug in Hamburg, es ging um Datenschutzrechte von Gefangenen, aber auch um Presse- und Informationsfreiheit. Denn eine ganz normale Redaktionsarbeit wie „draußen“ gibt es natürlich nicht. 

Jetzt ist der Lichtblick in Gefahr. Weil wegen der länglichen Senatsbildung das nächste Haushaltswirtschaftsgesetz in Berlin auf sich warten lässt, kann die JVA Tegel für die erste Ausgabe 2022 nicht die nötigen Mittel für Druck und Versand bereitstellen. „Der Druck könnte so frühestens im Juli finanziert werden“, heißt es auf der Homepage. Daher ruft die Redaktion jetzt zu einer Spendenaktion auf. „Einige Spenden sind bereits eingegangen. dennoch fehlen uns noch ca. 2.400 Euro“, heißt es weiter. Da Lichtblick ohnehin nur vier Mal im Jahr erscheint, fällt der Ausfall einer Ausgabe schon ins Gewicht - wichtige Themen würden dann liegen bleiben, fürchtet die Redaktion.

Für viele Gefangene ist der „Lichtblick“ eine wichtige Informationsquelle, aber noch viel mehr. Denn er versteht sich auch ausdrücklich als ihr Sprachrohr, macht auf Missstände aufmerksam und kämpft nach eigener Aussage „für einen humanen, sozialstaatlichen und wissensbasierten Strafvollzug.“ Dabei kommt ihm eine wichtige Stimme als Vermittlungsinstanz zwischen dem Resozialisierungsanspruch der Gefangenen und dem Schutzbedürfnis der Bevölkerung zu. Ich empfehle Euch, einmal einen Blick in die Online-Ausgabe zu werfen.

Die Redaktion hat sich übrigens auch an uns gewandt und angefragt, ob sie Mitglied im DJV werden können. Dem stehen wir offen gegenüber.

Steffen Grimberg

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